Individualisierung und Distinktion.

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Autobahngedanken. Am Wochenende auf der Autobahn haben wir uns über die Anderen unterhalten. Diese Anderen, die Aufkleber vom Fusion Festival auf ihren rostigen Panda kleben. Die, die eine Sylt-Silhouette auf ihr Cabrio kleben. Oder die, mit dem „Free Tibet“ Sticker, damit der getunte Golf geerdet ist. Baby on Board auf den Kombis und Pinups auf dem Kleintransporter, die Individualisierungsindustrie fängt bei Kleinigkeiten wie Autoaufklebern oder lustigen MacBook-Skins an und ihr kennt das ja aus eigener Erfahrung, wo das dann endet. Um bei dem Autobeispiel zu bleiben. Egal, wie individuell wir unser Auto variieren, wir fahren im übertragenden Sinne alle Auto und stellen das übergeordnete Konzept, überhaupt ein Auto zu besitzen, auf das man einen Aufkleber kleben könnte, dabei überhaupt nicht in Frage.

Neulich im Kurzurlaub. Im Zivilluftschutzbunker auf Helgoland bekam man einen guten Eindruck davon, wie es wohl war, zusammengedrängt mit lauter Fremden auf so engem Raum. Und dass man sich lieber nicht vorstellen will, wie die Bunkersituation mit Mitgliedern unserer heutigen Gesellschaft ablaufen wird. Individualisten und Egoisten, Diven und vom Kapitalismus geprägte Kämpfernaturen zusammengedrängt auf engstem Raum. Das wird bestimmt lustig, so oder so. Katastrophen und so was ähnliches sollen die die Menschen ja zusammen bringen und vereinen, sagt die Kerndramaturgie eines jeden Katastrophenfilms. Aber kann man sich da so sicher sein, dass das nicht in die entgegengesetzte Richtung Zombiefilm-Dramaturgie kippt? Gerechtigkeit als Überlebensstrategie.

Individualisierung und Distinktion treibt uns in die Arme von Internet und Social Media. Dort können wir „ich“ sein, uns unverbindlich miteinander verbinden und uns von den anderen abheben. Damit, dass wir das Internet als unser Biotop deklarieren unterstützen wir die Individual-Gesellschaft und – oha – letztendlich den Kapitalismus. Nichts gegen Geld und Konsum, aber …

Zombie Walk 2010
(Photo „Zombie Walk 2010“ by rodolphoreis)

Autor: @tristessedeluxe

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