Einmal im Jahr ist’s da draußen sehr voll und bunt vor der Tür, wo sonst eigentlich nur ich wohne und ansonsten nicht viel berichtenswertes passiert. Karneval der Kulturen heisst das dann und man muss aufpassen, politsch korrekt zu bleiben, wenn man da nicht so eine hohe Meinung von hat. Mit ist der Karneval der Kulturen eigentlich egal, ich kann ihn nur nicht ignorieren. Gestern Abend wollte ich nur noch mal kurz Zigaretten holen und da war er wieder, der Sog der Massen. Nach ein paar schnellen Bier wars dann ganz okay, das zu beobachten. Und wenn ich ehrlich bin, ist es ja auch ein lustiges Treiben. Aber es bleibt halt auch nur ein Strassenfest mit viel zu vielen Leuten und die sind auch alle viel zu gut gelaunt. Werder-Fans tanzen a la Ballermann zu Roby Williams auf Biertischen, Hobbyfotographen üben den Blick aufs Fremde, Muslime trinken Alkopops, deutsche Teenies flirten mit Arabern, Mulit-Kulti-Päärchen zelebrieren ihre Liebe in der Öffentlichkeit, Devil Beats von der Afrikabühne, betrunkene Feuerschlucker fragen einen nach Feuer und natürlich die Hippie-Trommler aus dem Mauerpark dürfen nicht fehlen. Hat schon was. Spiegelt den Chaos der eigenen Seele. Nur wenn man gerade nicht so euphorisch unterwegs ist, und gerade niemand mit einem spielen möchte, ist’s anstrengend da unten. Was machen eigentlich die anderen einsamen Frustnasen an solchen Tagen? Arbeiten oder ins Kino gehen wahrscheinlich.