Ich komme gerade von der Ostersonntagsschicht im Kino und hege ernsthaft den Gedanken, vielleicht ein Filmvorführer-Blog anzufangen. Ähnlich wie der gute, alte Shopblogger, oder so. Zu berichten gäbe es auf jeden Fall genug! Und es würde sicher auch zur Aufklärung der Wissenslücken beim Kinopublikum beitragen.
So ein richtig schönes Cooperate Weblog vom Kino – für die Kinobesucher, mit den Kinobesuchern. Wär doch super! Aber ich glaub, mein Chef würd das nich so gut finden. Der hat das noch nicht so mit dem Web 2.0 – der versteht noch nicht (glaub ich) so richtig den Unterschied zwischen Visits und Klicks. Auch im übertragenden Sinne. Aber gut, muss ja nicht jeder wissen. Daher, besser psssst!
Wobei wir ja schon wieder schön beim Thema sind: Wenn Leute über Sachen reden, über die sie keine Ahnung haben. Nicht schlimm. Man kann ja nicht immer über alles Ahnung haben. Schlimm ist aber, so zu tun als ob und dann auch noch davon überzeugt zu sein. Was ja an sich eh die Eigenart der meisten Weblogger ist (you know the deal).
Heute war diese Feiertagskinoklientel da, die scheinbar ähnliche Verhaltensmuster an den Tag legen, wie die Mittwochsmemmen (prinzipielle Kinotagsbesucher): Jeder ausgegebene Cent soll sich bitteschön lohnen, da darf nicht schlusig projeziert werden, da muss man sich beschweren. Selbstsicher und hat man noch so wenig Kinoroutine. Schon bei der Werbung. Sicher, so eine Kinokarte ist meist nicht billig zu haben und ich kann es als Kinogänger durchaus verstehen, dass es Gründe geben kann, sich über „hinrverbrannte Filmvorführer“ aufzuregen, der diese Bezeichnung auch gar nicht verdient hätte. Problem ist nur: Wär bequem im Sessel sitzt und nicht über Arbeitsabläufe, Technik und dergleichen bescheid weiss, sollte nicht laut „Schärfe, Schärfe“ rufen – das hört man nämlich nie im Bildwerferraum – ist viel zu laut da. Und man will das perfekte Kinovergnügen. Doch ist es leider bei Weitem nicht so, dass hinter jedem vorhandenen Kinosaal jeweils ein Filmvorführer sitzt, der nur dafür da ist, diesen einen Film zu zeigen und 2 Stunden an den Projektoren sitzt und sonst nichts betriebswichtiges zu erledigen hat, als sich den Film quasi mit anzusehen. Das ist vielleicht im nostalgisch-romantischem „Cinema Paradiso“ so, aber hey, das Leben ist kein Ponyhof. Glaubt mir, wenn einer eine sorgenfreie Filmvorführung haben will, dann ist es der Filmvorführer!
Heute sah das folgendermaßen aus. Eigentlich keine Panne, keine Fehler, keine Verspätungen, scharfe Bilder und korrekte Projektion. Trotzdem unwilliges Publikum:
– Wir zeigen 10 Minuten vor eigentlichem Programmstart so eine DVD-Werbung mit Veranstaltungshinweisen im Haus – weil gleichzeitig Einlass ist natürlich mit Saallicht, von der Geschäftsleitung so bestimmt. Kommt doch glatt der Funkspruch von der Kasse, das Publikum sei verwirrt, dass das Licht noch an sei, wo doch der Film schon läuft. ??? Das war 5 Minuten vor eigentlichem Programmstart!
– Dann in einer anderen Vorführung: die kommerzielle Werbung, wird in so ziemlich jedem Kino etwas leiser gespielt, als der Hauptfilm. Is so – Werbung wäre sonst zu laut. Beschwert sich einer noch während der Werbung, der Ton sei zu leise. Das jedoch kann man erst behaupten, wenn der Hauptfilm gestartet ist, nämlich dann erst wird manuell, subjektiv per Saal-Lauschcheck die Lautstärke auf „Dialogverständlichkeit“ eingestellt.
– In einer anderen Vorstellung, einige Sekunden nach Filmstart wollte ich gerade raus dem Bildwerferraum den Ton checken gehen, stand da schon eine Lady und meinte, der Ton sei „übersteuert“. War er natürlich nicht, weil ein Kino ist kein Tonstudio. War nur ein bißchen zu laut, und das war ich ja gerade im Begriff zu korrigieren.
– Dann war heute auch der „Kasch nicht richtig“ und „der Projektor müsste irgendwie neu eingestellt werden“ – an einer Koppelstelle im Film war einem meiner Kollegen bei der Vorbereitung des Films der Bildstrich verrutscht. Das kann passieren, ist ärgerlich für alle Beteilgten (Publikum aus der Immersion gerissen – Filmvorführer darf spät in der Nacht noch den Bildstrichfehler suchen und korrigieren), hat aber mit dem Kasch nichts zu tun. Der Kasch sind die schwarzen, verstellbaren Ränder an der Leinwand – und wenn die erstmal für den Film eingestellt sind, verändet sich da nur noch was, wenn man da mutwillig dran rumruckelt.
– Genau so mit dem alten Schwarzweiss-Film von 1943 heute, der von DVD abgespielt wurde. Kam jemand raus, der Film würde wackeln. Das ist manchmal so bei der Videoabtastung von alten Filmkopien, dass das nicht so glatt läuft, wie eine Computeranimation. Sicher, auf dem kleinen Fernseher zu Hause sieht man das dann nicht so, bei ’ner ordentlichen Leinwand schon. Aber das ist dann so, das kann man nicht korrigieren, denn eine DVD kann höchstens haken, aber nicht wackeln. Alte wie neue Filmkopien wackeln immer leicht. Wäre sonst nicht Film.
– Was war noch? Ach ja, kommt so ein Paar glatt 10 Minuten zu spät zum Programmstart, ist natürlich schon losgegangen der Hauptfilm, denn 20 Minuten Werbung gibt’s nur im Cinemaxx. Kommen wieder raus und meinen, es sei „nur noch was in der ersten Reihe frei“ (was so nicht gestimmt hat) und machen voll den Nerv deswegen.
Hat nur noch der Klassiker gefehlt: Brille vergessen und Bildschärfe einfordernd… Waren aber auch nette Leute da heute, die die einwandfreie Projektion stillschweigend, aber sicher wohlwollend hingenommen haben. Und noch ein Tipp: Visuelle Kommunikation! Auch wenn man den Filmvorführer vielleicht zu erkennen glaubt durch die Glasscheibe zum Projetionsraum. Er hört hinter der Scheibe rein gar nichts aus dem Saal und meist sind die Projektoren auch zu laut, dass man das Klopfen an der Bildwerferraumtür nicht hört. Lichtzeichen und große Gesten könnten jedoch eventuell die Aufmerksamkeit des Technikers (der meist mit Technik eigentlich gar nichts am Hut hat) erhellen.
Damit verbleibe ich mal erstmal mit einem dreifachen „Allzeit gut Licht!“ und überleg mir mal noch, ob das wirklich so eine gute Idee war mit dem Filmvorführer Blog. Publikumsbeschimpfung hat noch nie so richtig gefruchtet, oder?
PS: Ich bin beim groben Googeln nur auf Blogger gestoßen, die laut tönend und unfreiwillig komisch ihre Unwissenheit über Kinobetriebe vor sich her tragen. Kennt jemand vielleicht Filmvorführer Weblogs – ausser achteinhalb, der Rundum-Filmliebhaber zu sein scheint und u.a. auch vorführt.